Benin, Westafrika
Ein kleiner Reisebericht über ein sehr außergewöhnliches Land
Was es zu sehen gibt, wie man sich bewegt

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Benin ... ist recht leicht aufzusuchen: Mit einem Zubringerflug oder -zug erreicht man Paris oder Brüssel. Sowohl die Air France als auch die Brüssel Air fliegen (z.Zt.) nach Cotonou. Von Paris aus, dem Gare du Nord (viele kleine Hotels direkt davor), fährt früh morgens der Thalys nach Brüssel, um die Franzosen mit niedrigen Preisen zu einem Flug ab Belgien zu locken. Angeboten als Packet, ist die verpflichtende Durchsetzbarkeit der verpflichtenden Bahnanreise jedoch noch nicht rechtlich geprüft.
Die mehrheitliche Landessprache ist Fon, abgeleitet von dem gleichnamigen, hier ansässigen Volksstamm, die Amtssprache allerdings Französisch (Relikt aus der Besatzungszeit). Bei der letzten Volkszählung (2002) kamen 2.539 Personen nicht aus Afrika oder Frankreich.

Unsere weiteste innerbeninische Reise geht ins Land, führt uns nach Bohicon, und weiter nach Abome, der ehemaligen Hauptstadt vom Königreich Dahomey. 180 km und um die 6 Stunden Bewegungszeit von Cotonou entfernt. Damit befinden wir uns immer noch im unteren Drittel der langgestreckten Landessilhouette von Benin. Sie vergleichen ihren Umriss gerne mit dem Unterarm einer zum Himmel erhobenen Faust. Und wirklich, es wirkt ähnlich. In Norden begrenzt der Flusslauf des großen Nigers den Staat, und dort gibt es auch wirklich einen Nationalpark ("Pendjari") mit Safariangeboten. In Anbetracht der Straßenqualität hieße dies aber zwei Tage Anreise und zwei Tage Abreise (oder nationaler Flug). Das Land hält im Süden jedoch so viel bereit, dass man bei einem nur mehrtägigen Aufenthalt im Land auf diese touristischen Attraktion gerne verzichten kann.



Es gibt einen direkteren Weg nach Abome, aber die Strasse ist seit Monaten eine einzige Baustelle, und vermindert die Verkaufszahlen der einzigen Brauerei des Landes, der "Beninoise", einem recht leckerem Bier (fast ein Frauenbier) nicht unerheblich. Sie ist auf diese Strasse als Transportweg angewiesen.

Kurz vor Bohicon, sogar ausgeschildert, geht es rechts ab zu einer kleinen Höhlenbesichtigung, und man lernt etwas darüber, wie sich Soldaten vergraben haben und trotzdem miteinander kommunizieren konnten, und darüber wie Führungen hier im Land vonstatten gehen.

In Abome gibt es drei, vier Unterkunftsmöglichkeiten, keine wirklich empfehlenswert. "Chez Monique" liegt mehr im Zentrum, und die Herberge mit dem bezeichnenden Namen "Sun City Hotel", etwas außerhalb der Stadt, vermittelt einem ein wenig das Gefühl vom Kolonialafrika.

Auf der Fahrt nach Abome erleben wir wieder das volle Programm: Mautstellen für die mitunter bessere Strasse, Straßensperren für Geldangelegenheiten und Straßensperren aus Baumstämmen, einfach nur, damit man "innerorts" langsamer fährt. Das Land und die Ortschaften gehen fast ineinander über. Lediglich der Fußgängerverkehr am Straßenrand nimmt etwas zu, und die Bebauung ist nicht mehr ganz so licht. Liegengebliebene Autos, wuselnde vollbeladene Motorräder mit abenteuerlich festgezurrten Kindern und Babys, menschenbeladene LKWs, geschobene und nur als Transportauflagefläche missbrauchte Fahrräder, Flaschentankstellen, überladene PKWs, Verpflegungsangebote an den Bremsschwellen, und natürlich die tiefen Schlaglöcher, die zum abrupten Abbremsen oder zum Schlangefahren zwingen. Am ehesten sind sie an den gelblichen Sandspuren zu erkennen, die hinter ihren (!) auf dem grauen Asphalt mitgezogen werden. Faustregel: Je länger die Spur, desto tiefer das Schlagloch. Fast haben wir sie schon liebgewonnen.

 Insgesamt die Strecke eine wiederkehrende Szenerie, die unserem Auge mehr und mehr vertraut wird.

         

    

              

    

Transportiert wird gerade auf dieser Überlandstrecke Alles und Jeder. Selbst eine stoisch dreinschauende, aber lebendige Kuh haben wir auf einem Motorrad gesehen.

    

Auf der Strasse liegt ein undefinierter (Nebel vom Meer oder Saharastaub?) Tagesschleier. Er verleiht der Umgebung im regenarmen Februar bei über 30 Grad einen unwirklichen fast kalten Charakter. Dabei beschlagen die Scheiben durch die Klimaanlage sogar außen. Selten quert man einen Flusslauf, fast trocken, das Land ist aber grün.

    

Eigentlich ist es ganz einfach: Vor Nigeria links ab, um Porto Novo im Urzeigersinn herum, an der großen Y-Gabelung nach links, und am Kreisel fängt Bohicon an. Alle anderen Abzweigungen sind wesentlich kleiner.
Jetzt sind es nur ein paar Meter nach Abome zum Touristenoffice. Herrn Bokobonito, hauptberuflich Deutschlehrer, oder einer seiner Kollegen, kann man als begleitenden Touristenführer von Abome nur empfehlen, weil es wirklich viel zu erklären gibt. Er hat es auch geschafft Brücken zu schlagen zwischen den Kulturen, und hat die Fähigkeit die Welt sowohl mit westlichen als auch mit beniner Augen zu sehen. So glättete er manche Frage, mal gegenüber der einen, mal gegenüber der anderen Seite.



Abome war der Sitz der 12 Königen (eine Königin wird <noch> unterschlagen), die einst über Dahomey (ca 260 Jahre) thronten. Zu bewundern (die Sitze) bei der Besichtigung von diversen Tempelanlagen, deren Innereien wieder einem strengen Fotoverbot unterliegen. Sagt man Tempel, meint man Mauern mit großen Innenhöfen und ein paar, für die damalige Zeit und das Land, großzügige Bauten. Punk und Pacht müssen relativiert werden. Bei einem Palast wurden wurden sogar nur die Mauern, nicht aber sein Innenleben restauriert, wurde uns mit einem (europäisch angehauchtem) Schmunzeln erzählt.

    

Jeder der Könige trägt ein Symbol, besitzt eine eigene überlieferte Geschichte, mehr oder weniger aus Fakten bestehend, so scheint es, und einen Mythos. Man erhält einen erstaunlich guten Einblick in die Denkweise der Herrscher und des Volkes der damaligen Zeit. Selbstverständlich ist auch in Abome das Bild der Sklaverei präsent und gegenwärtig.

    

Und es gibt das "Le Monument des Allmands", das Gedenken eines Deutschen, der mehr Pech gehabt hat, als seine belgischen Kollegen. Sehenswert auch UNIK, ein Museum für moderne Kunst, am nördlichen Ortsrand von Abome. Kunst wird in Benin groß geschrieben und viele Schaffende sind selbsternannte Künstler. Wir haben es alle vor Augen, das Klischee von dem Afrika-Bild, der Afrika-Skulptur, aber nicht zutreffend für dieses Museum.



Und dann gibt es noch den ganzen Voodoo-Zauber. Auch dieses Bild in unserem Kopf wird in Abome gehörig zurecht gerückt. Er hat nichts mehr mit Okkultismus zu tun, sondern wird als Religion verkauft, der neben dem Christentum und dem Islam seinen festen Platz im sonnigen Alltag hat. Morgens Kirche und abends Voodoo ist kein Wiederspruch mehr.
Kleine Püppchen und Blutopfer sind - für die Besucher ? - verbannt geworden, denn das was man einem Anderen böses antun, so lernen wir gerne, kommt auch beim Voodoo, speziell dort, auf einen selbst zurück.

Voodoo ist die Kommunikation mit dem Objekt, welches als Gefährt gilt, um die Botschaft hinüber zu bringen, in die andere Welt. So, oder so ähnlich wurde es uns erklärt. Das "Gefährt" kann ein Objekt, ein Toter ein Requisit sein. Auch gibt es Aufpasser: Für Dinge, für Platze, auf Abläufe, auf Umsatzzahlen, und Aufpasser auf die Aufpasser. Die Machtverhältnisse sind abhängig von der Qualifikation und der Aufgabe des Beschützers, bzw. umgekehrt. Sie heißen: Zomadonou Akaba, Hangbe, Houemou Agonglo, Houndossou-Legba oder ähnlich, für unsere Zunge gewöhnungsbedürftig. Es gibt für Alles einen Voodoo, selbst einen für die Missgeburten der königlichen Familien, zum Beispiel des Königs Tegbessou. Er war eben der König, verschmitzt man uns zu.

          

         

    

Schautafeln, Inschriften, Texte erklären es gut, aber ein Guide ist detaillierter und beantwortet Fragen. Sonst weiß man auch nicht, wie und wann man sich einem Tempel nähern darf, ohne Argwohn zu erregen. Irgendwo in der Umgebung ist immer ein Tempelhüter zu finden, den es vorher zu konsultieren gilt, wenn man keinen Ärger haben möchte. Hat man keine Zeit für lange Diskussionen, kann man natürlich auch hier die Geister mit einem kleinen Obolus besänftigen.

Wir hatten gelesen, dass die Menschen in sogenannten "Communites" zusammenleben. Ein paar Familien bilden eine Gruppe von einer sich unterstützenden und meist auch räumlich abgegrenzten Einheit. Darauf angesprochen verschaffte uns unser Guide einen Einblick in seine Eigene. Der Schutz vor dem Einbruch in die Privatsphäre einer menschlichen Gemeinschaft gehört bei uns zu den Grundrechten, ist auf globaler Ebene Völkerrecht, und gehört natürlich auch in Benin zum moralischen Selbstverständnis.

              

Bitte keine "Cadeau" für Kinder in einer Gruppe. Man tut sich und ihnen nichts Gutes.

Zurück von Abome nach Cotonou ging es über die gleiche Route, 194 km, und ist nur deshalb hier nochmals erwähnenswert, weil der Fahrer die Strecke diesmal in einer Bewegungszeit von nur dreieinhalb Stunden schaffte.




Kann man sich eine Autobahn mit Zebrastreifen vorstellen?
Nein, kann man nicht.
Bisher immer ein Running Gag in den Erzählungen meiner Jugenderlebnisse.
Dann kam Benin:

    

Vierspurig zuzüglich Kriechspur, und alle 500 Meter ein Zebrastreifen, der oft auch von Motorradfahrern genutzt wird.
Unverändert die nicht mehr genutzten Geleise und Schienen, die den geraden innerstädtischen Straßenverlauf oft unterbrechen, und weiterhin kuriose Gefährte auf dem Weg nach Cotonou.

    

    

         

Unverändert auch die Balanceakte der Motorradkünstler.

    

Und die Verkaufsinteressen an den roten Ampeln, zwischen den Autos pattroulierend.

    

    

Abgelassenes Motorenöl vom Motorwechsel, rauchstark verbrennend, wird mitunter dem Benzin beigesetzt, um es nicht zu verschwenden



Die farbenfrohen "Schlafanzüge", wie die einheitliche Ganzkörperbekleidung dort auch genannt wird, und die auf einigen Photos zu sehen waren, gibt es übrigens auch als Familienkollektion:



Wir wären fast überrascht worden: Doch noch immer beherrschen die Kopfkünstlerinnen das Bild in Cotonou:

              

Über die beninische Küche kann man mehr als geteilter Meinung sein. Über das Bicyclette-Chicken eigentlich nicht. Doch eine Delikatesse muss man probiert haben, denn sie ist auch für unseren Gaumen, zumindest, erträglich: der Pöll-Käse. So benannt nach einem Volksstamm der sich meist im nördlichen Grenzgebiet nach Niger aufhält und Schafzucht betreibt. Gerne wird er, der Käse, auch schwimmend in einer pikanten Sauce unter Zuhilfenahme eines Jampilee-Dipps mit der Hand (Waschzubehör vom Restaurant gestellt) gegessen, einer Wurzel, und vielleicht ein wenig ähnlich schmeckend wie die italienischen Gnocchis, halb Teig, halb Kartoffelbrei.



Und wenn wir schon beim Essen sind:
Dass die Beniner wesentlich näher an der Natur sind, zeigt sich auch in dem Versuch, wenn es schon nicht individuell möglich ist, ihre Grundbedürfnisse gesellschaftlich zu kontrollieren. Und so sieht man mancherorts für uns kurios bis geschmacklos anmutende Schilder und Kritzeleien:

              

    

Der beniner Franc (CFA-Franc), ein Währungszusammenschluss von acht Ländern, ist übrigens an den Euro gekoppelt.

Und hier die einzig wahre Beninoise:
Nicht vorenthaltbar, denn unbestritten und unübertroffen meine abomer Voodoo-Königin,
und z.Zt. Hüterin des Temples Houemou Agonglo:

    

Die Zahl 41 ist in der beniner Kultur eine ganz Besondere: sie drückt Unendlichkeit aus.
Dieses Wissen nützt Ihnen aber nichts, wenn Sie mit einem kleinen europäischen Kind reisen. Schon auf Grund seiner Haarstruktur, aber auch seiner Hautfarbe und seinem seltenen Vorkommen in diesem Teil der Erde, möchte ihn der Mann auf der Strasse (aber auch die Kinder) berühren. Gut, wenn es sich dabei um ein relaxtes Kind mit einigermaßen aufgeschlossenen Eltern handelt.



Benin ... ist eine Reise wert. Nicht für jeden, sondern für all die, die etwas robuster sind, schon ein wenig Reiseerfahrung in kulturfremden Ländern besitzen, und die bestenfalls jemanden in Benin kennen. Und noch etwas wäre als Voraussetzung von Vorteil: Die Aufgeschlossenheit bei für uns weltfremden Dingen staunen zu können, und sie nicht nur zu "tolerieren". Für ein ganzes Land sind sie eben nicht weltfremd, denn es kommt gut damit zurecht. Deshalb wird es auch einen berechtigten Grund für ihr Vorhandensein geben. Auch wenn wir ihn nicht kennen oder verstehen.



Das war unser kleiner virtueller Ausflug nach Benin. Ich hoffe, er erleichtert Ihnen Ihren (geplanten) Aufenthalt etwas, oder war zumindest ein bisschen unterhaltsam zu lesen und anzuschauen. Wenn eines von beiden ein wenig zutrifft, war's schon der Mühe des Schreibens wert. Das war die Pflicht, der große Rest ist die Kür.


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Für Anregungen, sachliche Kritik und Kommentare, bin ich jederzeit aufgeschlossen und dankbar.


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Dieser Reisebericht entstand, weil weder im Buchladen noch im Internet eine einigermaßen brauchbare
Vorabinformation für unsere geplante Reise nach Benin zu finden war.

Erstellt und photographiert, copyright by: 2014




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