Benin, Westafrika
Ein kleiner Reisebericht über ein sehr außergewöhnliches Land
Was es zu sehen gibt, wie man sich bewegt

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Benin
... ist sicherlich kein klassisches touristisches Reiseland. Was keineswegs bedeutet, dass es sich nicht lohnen würde, nach Benin zu reisen. Auch wenn das Land, entsprechend den Erwartungen eines in Klischees denkenden Afrikareisenden, weder mit wilden Tieren noch mit Safaris aufwarten kann, hat es doch mehr zu bieten, als man in 14 Tagen erleben und besichtigen kann.
Das liegt (leider) unter anderem an einem von Benins Hauptproblemen: Dem Transportwesen.

Aber gerade durch seine Eigenarten, initiiert durch landestypische Merkmale, auch dem der Fortbewegung, wird das Land interessant. Man ist erfinderisch und bewegt sich und alle erdenklichen Waren auf kreative, manchmal atemberaubende Weise - auch über längere Strecken.
Oft sind dann photographische Leckerbissen dabei. Hier ein paar erste Beispiel::

         

Sollten sich jetzt bei Ihnen Wasserzeichen auf die Bilder verirrt haben, so ist dies gewollt, denn sie sollen aus urheberrechtlichen Gründen (manchmal sind auch Personen abgebildet) nicht anderweitig verwendet werden können (hier nur zur redaktionellen Nutzung). Sie haben nur die Funktion anzuregen und zu veranschaulichen, und sollen auch keinem anderen Zwecke zugeführt werden.
Noch ein paar Schnappschüsse eines der Merkmale des Landes:

         



Sich selbst bewegt man in diesem Land, wenn man die Möglichkeit dazu hat, am besten im Schutz, in der Obhut, oder mit der Unterstützung einer (Hilfs-) Organisation (oft sogar der Anlass nach Benin zu reisen), von deren praktisch aus jedem wohlhabenden Land der Welt welche ansässig sind. Weiterführende Hilfe kann im Zweifel auch die Botschaft geben. Oder man reist mit Hilfe eines ortsansässigen guten Freundes, der die Gelegenheit hat, vertrauenswürdige Ersatzteile zu praktisch dem gleichen Preis wie bei uns in seinen pistentauglichen PKW einbauen zu lassen. Diese werden nämlich nur dann nicht mehr weiterverwendet, wenn die auffindbaren wirklich schlechter sind als die noch im Besitz befindlichen. Und das kann dauern. Irgendwo treibt man immer noch ein minimal besseres Ersatzteil auf. 

              

Wenn der Wagen restlos überladen unter seiner Last zusammenbricht, dann ist der beniner Fahrer im internationalen Vergleich wahrscheinlich immer noch ein Guter. Denn der Zustand der Strassen, die, obwohl asphaltiert, und das ist das perfide, oft mit tiefen Schlaglöchern versehen sind, ist katastrophal. Da kann es schon mal passieren, dass man in seinem Überholvorgang abrupt gestört wird, weil man vorauszusehen glaubt, dass die Achse der Sprungtiefe einem plötzlich auftauchendem Schlaglochs nicht standhalten würde. Oder der Neigungswinkel des Gefährtes entspricht kurz vor dem Umkippen gezwungenermaßen dem des Straßenbelages.

         

Mehr als 30 bis 40 km/h sollte man als Durchschnittsbewegungsgeschwindigkeit in Benin nicht veranschlagen, und möglichst ein gutes GPS-System bei sich führen. Es gibt recht wenige Strassen, die durch das Land führen und oft jahrelang als Baustelle geduldet und geächtet sind. Die meisten Nebenstrassen sind Pisten. Im Sand muss man mit genauso vielen Schlaglöchern und Spurrillen rechnen. Und diese sind, schon wegen der Regenfälle, zudem noch oft täglich anders.

          

Die Koexistenz der Fahrzeuge und der Fußgänger auf den abenteuerlichen Strassen Benins klappt eigentlich sehr gut. Der Seitenstreifen gehört den Fußgängern, deren Kleinste es ebenfalls schon gewohnt sind, den Verkehr von hinten an sich vorbeibrausen zu spüren. Die Fahrbahnbreite, wo immer Platz ist, gehört den Autos. Die Motorräder quetschen sich überall durch, und den LKWs macht man unbedingt Platz.

          

 
 Und dabei gab es sogar mal ein funktionierendes Eisenbahnsystem. Die Geleise von Cotonou nach Porto Novo sind noch durchgängig zu sehen. Auch dem großen See entlang, dem Lac Nokue, und in Richtung Ouidah, also gen Togo, sieht man noch deren Überreste, oder gar eine verrostete Bahnbrücke, der einst 580 Bahnkilometer. Warum soll man sich um sie kümmern, die Infrastruktur funktioniert doch auch ohne Eisenbahn. Sogar auch ohne Verkehrsbeschilderung, denn diese ist hier ebenfalls rar, entweder übergroß, weil gesponsert, oder bis zur Unkenntlichkeit verdreckt.

         
    

Es ist wirklich kurios zu sehen und vielleicht auch ansatzweise zu verstehen, wie dieses Land funktioniert: Irgendwie geht es immer, auch wenn es an Allem mangelt. Not macht erfinderisch. Benzin wird zum Beispiel zu 90%, staatlich toleriert, schwarz verkauft, weil sonst die Versorgung nicht gewährleistet wäre. Gibt's alle paar Kilometer in Mehrliter-Flaschen zu kaufen. Ruinen von Telephonzellen zeugen vom Handyzeitalter. Oh well. Schupos, die den Verkehr regeln, sind selten auszumachen, ihre Hochstände aber allerorts sichtbar. Und wenn sich wirklich ein Verkehrshüter überflüssigerweise in der Gegend rumtreibt, dann irgendwo daneben, aber nicht in seiner Kanzel. In eine Kreuzung wird sich im Allgemeinen rücksichtsvoll reingemogelt, dann, wenn kleinste Lücken entstehen. Und so kommt es das, bis zur Unendlichkeit verzahnt, verschachtelt und verkeilt, manchmal gar nichts mehr geht.

         

    

Wir kommen sicherlich noch mal auf den Verkehr in Benin zu sprechen, denn er ist wirklich eine Attraktion des Landes. Aber vielleicht sollten wir mal da anfangen, wo es ein Einreisender im Allgemeinen auch zu tun pflegt: Am Flughafen in Cotonou.

Es ist der einzige internationale Flughafen des Landes, dafür winzig und unorganisiert. Das Einreiseformular wurde in unserem Flugzeug nicht verteilt, und so herrscht schon vor der Passstelle ein erstes Durcheinander. Eine gesonderte Einheit kontrolliert kurz dahinter stichprobenartig die Einhaltung der Impfpflicht (zumindest Gelbfieber). Die Toiletten sind defekt, während man auf sein Gepäck wartet. Man muss, aber darf auch, zum Austreten nochmals zurück hinter die Passkontrolle. Der Flughafen ist fast schon umzingelt von der Stadt, und wartet mit ein paar bescheidenen Hotels auf (auch ein paar Hotelketten tummeln sich), die mehr auf Business-Gäste eingestellt sind, als auf Touristen. Die Stadt ist sehr weitläufig, ohne wirkliches Zentrum, was ein Erwandern unmöglich macht. Zum Ausgleich ist sie mit Motorradtaxis ausgestattet. Das sind die mit den gelben Hemden mit der Zulassungs-Nummer auf dem Rücken. Im Prinzip gelten Festpreise für eine Strecke im Stadtgebiet.

An Sehenswürdigkeiten gibt es ein paar Monumente, Statuen, Verwaltungsgebäude, eine gestreifte Kirche, ein Platz mit sozialistischer Vergangenheit, nichts wirklich Umwerfendes.

              

Was man allerdings nicht versäumen sollte, ist der Markt Dantopka - angeblich Westafrikas größter. Der ist nicht nur deshalb bemerkenswert, weil man sich dort gut verlaufen kann. Es wird so unendlich viel angeboten, dass man sich fragt, wo denn die Kunden herkommen sollen, die dies alles kaufen sollen. Wahrzeichen des Marktes, unweit der Brücke über dem Flussauslauf des Lac Nokue ins Meer ist die Marktfrau, die alles auf dem Kopf trägt. Eine geniale Transportmethode, die, wenn keine andere zur Verfügung steht, und sie von Klein auf geübt wird, die weltweit Praktischste und Ergonomischste überhaupt ist. 20% des Eigengewichtes sollen dabei ohne zusätzliche Anstrengung zu tragen sein. Vorausgesetzt man hat die dafür notwendige richtige Gangart gelernt. Es gibt keine geeignetere Art, bei der wir Menschen sperrigere oder schwerere Lasten über größere Strecken aus eigener Kraft bewegen können. Wie die Herren Doktores über die Bandscheiben im Laufe eines beniner Wirbelsäulenlebens urteilen, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. 



                   

         

Mitunter wird der ganze Körper umfunktioniert, und zum Beispiel als Verkaufs-Kleiderständer benutzt, und dermaßen behängt, bis fast nichts mehr von ihm sichtbar ist.

    

         

Balancieren will gelernt sein und bedarf anscheinend genetisch geeigneter Vorbedingungen.



All die Verkaufsartikel, all die vielen Menschen die verkaufen wollen, produzieren Abfall. Und hier sind wir, neben dem Transportwesen, bei einer weiteren großen Thematik in Benin. Es kümmert sich niemand darum. Außer einer städtischen Müllabfuhr in landestypischer Art ist die Entsorgung nicht Teil ihres Gedankenkreises. Und so ist dort, wo der meiste Handel getrieben wird, auch der größte Unrat zu finden. Neben dem Markt, an den Grenzen zu den Nachbarländern, an den Straßenseiten und natürlich ganz allgemein in den Gebieten von großer Bevölkerungskonzentration. Für unsere Augen erschreckend. Ein Land müllt sich zu.


 
Dabei ist Benin, obwohl es unter den 20 ärmsten Ländern der Welt zu finden ist, reich an fruchtbarem Boden. Dies ist ein Grund dafür, dass, bei allen Defiziten, fast niemand Hunger leiden muss. Schon deshalb, so scheint es, ist die Kriminalität nicht höher als beispielsweise bei uns in Mitteleuropa.
Ein weiterer Grund dafür scheint aber auch die Sorglosigkeit der Einwohner gepaart mit einer relativen Genügsamkeit zu sein. Es schien mir in in Benin nicht unbedingt als erstrebenwert zu gelten "reicher" zu werden, im Sinne von: "mehr Wohlstand zu erreichen", sondern Zufriedenheit und Glück haben andere Quellen. Das macht das Land zu Einem mit großem seelischem Reichtum. Wir sehen fröhliche, gelassene, aber wenig sorgenvolle Gesichter.
Auch eine der Säulen auf denen die von uns dort erlebte Atmosphäre ruht.

    

Was kann man sich in 14 Tagen im Land anschauen? Wie weit kann man seine Fühler ausstrecken? Wie weit reisen? Was gibt es sonst noch in angemessener, sprich erreichbarer Entfernung von Cotonou?
Das kommt auf das zur Verfügung stehende Fortbewegungsmittel an. Da sind wir wieder beim Verkehr.
Es gibt Minivans für 9 Personen, mit 25 belegt, die dann los fahren, wenn sie voll belegt sind. Den Fahrpreis für alle Mitfahrer zu bezahlen, also das ganze Gefährt zu mieten, wurde uns auch angetragen. Eine Möglichkeit, aber keine elegante, wie ich meine. Die Beniner sitzen oder hängen alternativ auch oft auf oder an meist überdachten Lastwagen. Dafür, glaube ich, sind wir nicht geübt genug. In dem Land hat man augenscheinlich andere Probleme als den lukrativen Verkauf von Versicherungspolicen.

          

 Und dann soll es noch Überland-Motorradtaxis geben. Das haben wir nie näher beleuchtet, aber immer wieder welche gesehen. Wie kann man mit dem Gewicht und bei dem hohen Schwerpunkt dem Fahrtwind trotzen?

    

Gesegnet sind die, die ein fahrbereites Auto zur Verfügung haben. Damit reist es sich recht angenehm. Man erreicht in ca. 30 Minuten die Grenze nach Nigeria. Einen Abstecher wert. Wie auch bei der nach Togo, dem Meer entlang in entgegengesetzter, in westlicher Richtung, ist auch hier ein heilloses Gewusel und Durcheinander anzutreffen. Sehenswert, wie scharf die Zöllner kontrollieren, bei Andershäutigen, augenscheinlich Wohlhabenden, und all denen, bei denen ein kleiner Obolus für Schmuggelware erhoben werden könnte. Alle anderen passieren mit der Menge, und durch sie getarnt, unzählig ungehindert den Schlagbaum. Vorsicht: Beniner sind nicht nur nicht erfreut, sondern sie verbieten es aktiv und regen sich auf, wenn man Photos schießt. Schon die Aussicht auf eine auf sie gerichteten Kamera lässt sie aus der Haut fahren und allergisch reagieren. An der Grenze, besonders bei Staatsbediensteten, sollte man diese Reaktion nicht provozieren. Vorsorglich sei es hier schon mal erwähnt.



Schon auf dem ersten "Ausflug" in Benin wird schnell deutlich, dass die Menschen hier viel stärker in ihre natürliche Umgebung eingebunden sind als wir. Die sie umgebenden Ressourcen bestimmen ihre Lebensinhalte zu einem sehr hohen Grad. Nicht wie bei uns, wo die Existenz eines Sees maximal, wenn überhaupt, den Tourismussektor beeinflusst, wird er in Benin für alle Anwohner in seiner Nähe zum Lebensmittelpunkt. Deshalb bieten sich dem Reisenden in diesem Land drei "Beobachtungszonen" mit großen Unterschieden zwischen den Gewohnheiten der Anrainer am Meer oder am See bzw. Fluss und den Bewohnern im Landesinnern. Der Alltag von Stadtbewohnern scheint denen in allen Städten der Welt ähnlich.



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Erstellt und photographiert, copyright by: 2014


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