Benin, Westafrika
Ein kleiner Reisebericht über ein sehr außergewöhnliches Land
Was es zu sehen gibt, wie man sich bewegt
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Benin ... noch nie gehört. So ergeht es wohl
den Meisten, kurz bevor in Ihnen, aus was für Gründen auch immer, der Gedanke
reift, dieses Land besuchen zu wollen oder zu müssen. Die Menschen dort sind uns
freundlich, bis herzlich begegnet, haben Ihre Eigenheiten gezeigt, und sich und
ihren Charakter nicht
versteckt. Das zeugt von Stolz, Achtung, und gegenseitigem Respekt. Nur wer dies
im Alltag leben gelernt hat, kann es auch zeigen. Dafür sind die Menschen des Landes
weit mehr zu schätzen, als sie durch den falschen oder unzureichenden
Gebrauch westlicher vermeintlicher Errungenschaften zu tadeln wären. Es ist
schön zu sehen,
dass sich, vielleicht gerade wegen ihrer Landesgeschichten, mancherorts auf
dieser Welt noch natürliche innere Werte halten konnten.
Cotonou als Stütz- und Ausgangspunkt der Erkundungen unterstellt, lohnt es sich
rund eine
Stunde nördlich zu fahren, zum Anleger und Umschlagplatz der Waren, Güter,
Neuigkeiten und
Menschen der Ansiedlung "Grandvie" (das "e" wird betont
gesprochen). Grandvie ist ein Stelzendorf am oder im See mit rund 25.000 Anwohnern, deren
Lebensgrundlage, der
Lac Nokue, dieser Belastung dieser nicht mehr stand
hält. Und es werden immer mehr. Das Leben am und im See wird dort wird deshalb immer
restriktiver.
Das unbezwingbare Dilemma des Spagats zwischen der Existenz von Photoopfern als
Beobachter des
alltäglichen Lebens der Einheimischen und deren touristischer Vermarktung ist
am Beispiel Grandvie eklatant auffällig. Die Schere scheint sich mit
zunehmender Bekanntheit der Ansiedlung sogar weiter zu öffnen. Hier wäre die Einleitung eines
Paradigmenwechsels von außen angebracht. Mit viel Verständnis für die leidtragenden,
kamerascheuen Motive, weil man auf die Aufnahmen an diesem wohl touristischsten
Ort ganz Benins nicht restlos verzichten möchte, knipst man verschämt, mit
einem schlechten Gewissen, versteckt, und manchmal aus Rücksichtnahme trotz
Idealperspektive oder -motiv auch gar nicht. Aber Grandvie ist einfach als
Beispiel menschlicher Siedlungsvielfalt einzigartig. Sicherlich verstehen Sie spätestens jetzt das "Wasserzeichen",
die niedrige Auflösung der Bilder und die Bitte, diese Aufnahmen nicht weiter zu
verwenden.
Man schifft sich ein (die Preise dafür stehen unübersehbar an einem großen
Schild), wahlweise mit Motor oder Segel, sprich gestakst, und lässt sich bei
einer gemütlichen Fahrt über den in seiner Gesamtheit nur hüfttiefen See die Entstehungsgeschichte
des Dorfes erzählen. Und die beginnt mit einer Flucht ... Nach ein paar Kilometern
Fahrt durch ausgeklügelte Reusen- und Fischfangsysteme, die auf Nachfrage auch
gerne erläutert werden, und einigen Geschichten reicher, fährt man den Ort selbst
ein.
Ein ausdrucksbetonter Maler der regionalen Motive, einige christliche Kirchen (über 40% der
Beniner sind Christen), mehrere von
Hilfsorganisationen bezahlte Trinkwasserbohrungen, zwei Wasserverteilerstellen,
ja selbst eine Schule, eine Moschee und ein Hotel sind in Grandvie vorhanden. In
Letzterem kann man gut und gerne für einen Drink und ein Mitbringsel einkehren.
Gerne wird mit in Handarbeit (wie sonst?) hergestellten Souvenirs geworben.
15 Jahre soll ein Stelzenhaus halten, bevor es renoviert, oder zumindest
aufgehübscht werden muss, so erzählte man uns.
Das soziale Leben, auch der Markt, findet auf dem Wasser statt. Ab und an ein
Grasfleckchen, eine winzige Inselkuppe. Wie in anderen Gebieten Benins auch, ist
Energie, Strom auch hier Mangelware und teuer. Trinkwasser kostet jedoch nur
einen symbolischen Betrag, und Toilettenhäuschen sind oft nicht mehr als ein Sichtschutz mit
Öffnungen nach unten.
Und dann geht es schon wieder zurück. Wir haben den Canale Grande von Benins Venedig
gesehen, und der Führer beschießt seine Führung ostentativ am Ortsende, um
sich bis zum Anleger noch eine viertel Stunde mit geschlossenen Augen ungestört
der Sonne widmen zu können. Ein, sein, gemütliches Leben, welches auch auf die
Umgebung ausstrahlt: je nach Blickwinkel entweder genervt, oder neidisch machend.
Es geht zurück nach Cotonou. Hier erlebt man (die) Stadt auf ein Mal unter einem
ganz anderen Blickwinkel: Hektischer aber auch vertrauter.
Wie auch das Meer kreiert der See als Nahrungsgrundlage eine natürliches
Reservoir an Lebensenergie.
Wir erleben in Benin ein für uns längst vergessenes Zeitalter der
Selbstversorgung durch und in der Natur. Die durch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften teilweise
bizarr verformte Ausgestaltung der Inhalte unserer menschlichen Lebensgemeinschaft treffen wir hier
nur selten an. Einfacher scheint unser Leben auf der Erde in unseren Breiten dadurch nicht geworden
zu sein,
sondern ganz im Gegenteil: Die Erkenntnisse von 300 Jahren immer ausgeklügelter
Techniken und Systeme hinterlassen deutliche Spuren im gesellschaftlichen und sozialen
Verhalten der Menschen unserer westlichen Welt. Das, was wir im Alltag, weil
selbstverständlich, gar nicht
mehr wahrnehmen können, erlangt hier durch seine Abwesenheit unserer
Augen Auffälligkeit. Eine Spiegelung unserer blinden Flecken.
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2014
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